Wie vertrauenswürdig sind Onlinebewertungen?
Ist die Sorge berechtigt, dass es auf allgemeinen Bewertungsportalen, aber auch auf Google oder Amazon schwer ist, zwischen den Bewertungen von Personen zu unterscheiden, die beispielsweise einen außerbetrieblichen Fort- und Weiterbildungsanbieter oder AZAV zugelassene Bildungsträger besucht haben und das Angebot großartig fanden und denen, die nur aus Gefälligkeit positiv bewerten?
Ja, Sterne-Bewertungen werden zunehmend kritischer betrachtet. Vom “Krieg der Google Sterne” ist die Rede, von Bewertungsmissbrauch und Reizüberflutung.
„Fake“ Bewertungen werden sowohl von Konkurrenten vorgenommen, um zu schädigen, als auch von Unternehmen und Dienstleistern selbst, um die eigene Reputation zu verbessern.
Wie tiefgreifend dieses Problem ist, wird leider von vielen Unternehmen und Dienstleistern unterschätzt, bis sie es am eigenen Leib erfahren müssen, so Daniel Wendel von CO2 Kommunikation. Sei es bei einem Bewertungsportal mit dem das Unternehmen oder der Dienstleister, wie Bildungsträger einen direkten Vertrag schließt, oder Amazon oder Google: Die charakteristischen Sternchen zur Bewertung eines Unternehmens, Produkts oder einer Dienstleistung sind geradezu omnipräsent und haben einen großen Einfluss auf die Meinungsbildung des potenziellen Kunden. Viele User lesen nicht einmal mehr die Info-Texte auf der Webseite, sondern gehen direkt zur Bewertungsseite.
Wer hier schlecht abschneidet, erleidet einen großen Imageschaden und verliert sowohl bestehende als auch potenzielle Kunden. So können sich schlechte Sternebewertungen für Unternehmen und Dienstleister auch als existenzbedrohend erweisen.
Das Problem an der Sache ist: Immer mehr Unternehmen und Dienstleister bewerten ihre direkte Konkurrenz absichtlich negativ, um die Kunden stattdessen zu sich zu locken. Manchmal werden solche Maßnahmen gepaart mit gekauften Positivrezensionen auf der eigenen Bewertungsseite oder einfach eigens erstellten Bewertungen für sich selbst.
Aufgrund der Anonymität des Internets ist es für den Geschädigten meist unmöglich, den Kritiker ausfindig zu machen und zur Rede zu Stellen.
Eine schnell und vor allem angemessene Reaktion ist bei Negativbewertungen unerlässlich. Wer Kritiker ignoriert oder sich mittels falscher Antwort blamiert, riskiert einen nachhaltigen Imageschaden, unter Umständen sogar einen viralen Shitstorm und auf jeden Fall wirtschaftliche Einbußen durch den Verlust von Käufern, Patienten, Kunden, Gästen, Investoren und anderen Geldgebern.
“Egal ob positiv oder negativ — Auf Bewertungen sollten Sie reagieren” so Thomas Hoiboom von Ammersee Media. “Nutzen Sie die Möglichkeit des Kommentars. Ihren potentiellen Kunden können Sie so Ihre Haltung zu der Bewertung zeigen und eventuell sogar verhindern, dass weitere negative Bewertungen abgegeben werden.”
Sternebewertung: Ein einfaches Prinzip mit hohem Missbrauchspotenzial
Der Klick auf Kundenbewertungen gehört schon fest zum Leben der meisten User. Bevor diese ein neues Restaurant ausprobieren oder wenn Sie sich im Urlaub befinden und nach der Möglichkeit für ein romantisches Dinner am Abend suchen, rufen Sie die Google Sternchenbewertungen auf. Und: Drei von fünf möglichen Sternen sprechen in aller Regel schon für eine andere Wahl. Selbst vier Sterne sind vielen Nutzern heutzutage „zu wenig“. Dabei lassen sie außer Acht, dass es sich um einen Durchschnittswert handelt, der bereits durch eine gefälschte Negativbewertung mit nur einem Stern enorm nach unten gezogen werden kann.
Gleiches gilt aber auch umgekehrt, wenn Unternehmen und Dienstleister sich selbst positiv bewerten.
Diese Form der Manipulation ist sehr einfach: Das Unternehmen, der Dienstleister meldet unter verschiedenen Namen unterschiedliche E-Mail-Adressen an und gibt somit jeder eingerichteten E-Mail-Adresse seinem Unternehmen und seiner angebotenen Dienstleistung positive Bewertungen.
Natürlich ist die eigene fingierte Bewertung wettbewerbswidrig und im Falle der Nachweisbarkeit kann auch abgemahnt werden, weil dies gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) verstößt und eine Unlauterkeit gem. § 5a Abs. Abs. 6 UWG in Betracht kommt, in dem der Werbecharakter der fingierten Bewertung verschleiert wird. Gefälschte Bewertungen von Konkurrenten oder sonstigen Personen können zudem Verstöße gegen das UWG darstellen.
Internetnutzer haben gelernt, Erfahrungsberichte in Form von Kundenbewertungen, Besucher von Fort- und Weiterbildungen, damit Produktrezensionen, Google-Bewertungen und anderen Einschätzungen Vertrauen zu schenken. Vor allem Internet-Shopper vertrauen darauf, bei Produktrezensionen die ungefilterte Meinung anderer Kunden zu lesen, die ein Produkt, eine Dienstleistung wahrheitsgetreuer beschreiben als die vom Unternehmen oder dem Dienstleister selbst. Rund 80 Prozent, so seonest Suchmaschinenoptimierer, lesen vor dem Kauf eines Produktes oder der Wahl für die Inanspruchnahme einer Dienstleistung, wie die eines Bildungsträgers, die Bewertung durch. Dieses “blinde Vertrauen” nutzen Webseitenbetreiber zunehmend (aus), um für ihr Produkt bzw. ihre Leistung zu werben.
Bewertungen und Rezensionen aber auch Likes und Follower lassen sich mittlerweile von professionell organisierten Agenturen kaufen. In verschiedenen Medienberichten ist mal von einem Viertel, mal von einem Drittel gefälschten Bewertungen die Rede. Ermitteln lässt sich die genaue Anzahl nicht. Google und Amazon haben offensichtlich das Problem erkannt und verfolgen eigene Maßnahmen zur Bekämpfung von gefälschten Bewertungen.
Auch die missbräuchliche Einbindung von strukturierten Daten zur Erzeugung eines Rich Snippets mit Sterne-Bewertung taucht immer häufiger auf. Ein Teil davon ist sicherlich unbeabsichtigt und aus Unwissenheit passiert, ein anderer Teil einfach in Kauf genommen und wieder ein Teil hat mit voller Absicht gefälschte Daten in die eigene Webseite integriert. So kommt es vor, dass eine Händlerbewertung mit durchschnittlich 4,9 Punkten und 15.000 Stimmen in Googles SERPs augenscheinlich für jedes Produkt wirbt. Das Rich Snippet im Footer machts möglich. Inwiefern Google selbst dagegen in Zukunft Maßnahmen ergreift, wird sich erst noch zeigen. (zitiert nach seonest Suchmaschinenoptimierer) (Ist das aktuell? Google hat meiner Ansicht bereits vor einiger Zeit reagiert. Sterne werden nicht mehr in den Serps angezeigt, es sei denn, wenn diese über bspw. Proven expert authenfiziert wurden.
Die abschreckende Wirkung negativer Bewertungen übersteigt die positive Wirkung guter Rezension bei weitem. Klicken Sie nicht auch beim Beispiel Amazon nur auf die besten sowie schlechtesten Bewertungen und wiegen diese gegeneinander ab? Eine Strategie, die viele User verfolgen, welche aber dazu führt, dass Sie die breite Masse an ehrlichen Rezensionen zwischen gefakten Negativbewertungen und gekauften Positivbewertungen gezielt ignorieren. Es handelt sich also um eine Problematik, die nicht nur eine Branche betrifft.
Tückisch ist hierbei die Selbstverständlichkeit, mit welcher die meisten Nutzer auf die Kundenbewertungen in anschaulicher Sterneform vertrauen. Sie öffnet Betrügern Tür und Tor. Immerhin: Neben der reinen Sternebewertung legen viele Interessierte mittlerweile auch Wert auf die Bewertungsbegründung der Schreiber. Doch auch hier kann er nicht auf den ersten Blick zwischen Lüge und Wahrheit unterscheiden.
Eine ganze Branche rund um das Geschäft mit gefälschten Bewertungen hat sich mittlerweile etabliert und sogar Agenturen haben sich schon auf die massenhafte Erstellung von Fake-Bewertungen spezialisiert – allen moralischen und auch rechtlichen Bedenken zum Trotz.
Besonders brisant: Mit gefälschten Bewertungen werden nicht nur gezielt Unternehmen gestärkt, sondern auch noch ihre Konkurrenten in Form von Negativbewertungen geschwächt. Zwei Fliegen mit einer Klappe also – leider! (zitiert Daniel Wendel von CO2 Kommunikation)
Es lässt sich nicht verleugnen: Angesichts des verführerisch winkenden Wettbewerbsvorsprungs durch die Schwächung der Konkurrenz mit Negativbewertungen haben einige Unternehmen ihren moralischen Kompass über Bord geworden. Umso wichtiger ist es, geschäftsschädigende Fake-Bewertungen zu erkennen – und im zweiten Schritt richtig auf diese zu reagieren. Leider lassen sich gefälschte Sternebewertungen für ungeschulte Augen oftmals nicht auf den ersten Blick erkennen und von seriösen Rezensionen unterscheiden.
Über Anhaltspunkte zur Identifizierung entsprechender Fake-Bewertungen im nächsten Beitrag.